Wie schon bei der Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. im Juni 2023 bestätigten die Beteiligten unisono die erhebliche Steigerung von Anfragen sowie einen regelrechten Gründungsboom bei den Selbsthilfegruppen. Viele Menschen, insbesondere auch die jüngere Generation sind durch die gegenwärtigen Krisen stark verunsichert und leiden sehr unter Ängsten, Depressionen und Überforderung. Das Gefühl, allein gelassen und einsam zu sein, greift in allen Gesellschaftsschichten immer mehr um sich.
In dieser Situation spielt die Selbsthilfe eine erhebliche Rolle für die Daseinsfürsorge: Sie ist wertvolle Ergänzung der professionellen Hilfesysteme und füllt erhebliche Versorgungslücken z. B. zur Überbrückung von Wartezeiten auf begrenzt vorhandene Psychotherapieplätze. Auch wirkt die Selbsthilfe gegen Vereinsamung und eröffnet Möglichkeiten für Begegnung und Austausch. Das Engagement in der Selbsthilfe erzeugt das Erleben eigener Wirksamkeit und fördert Resilienz und Handlungsfähigkeit. Gerade in Krisenzeiten sind die Fähigkeit zur Selbstorganisation und das Erleben von Gemeinschaft essentiell für Betroffene. Selbsthilfekontaktstellen sind dabei ideale Partner, um Menschen in Krisen abzuholen und Wege zur Selbsthilfe aufzuzeigen. Sie arbeiten bedarfsorientiert und sind offen für alle Interessierten. Niedrigschwellige und flexible Selbsthilfeangebote machen die professionelle Selbsthilfeunterstützung zu einem unverzichtbaren Partner im Gesundheits- und Gemeinwesen. Professionell Helfende und Förderer profitieren ebenso wie Verantwortliche in Kommunen und Ländern. Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, Bürger*innen direkt an der Gestaltung ihrer Lebensumstände und der Hilfesysteme zu beteiligen. Damit sind sie gelebte Demokratie. Dies untermauert die gesundheits- und gesellschaftspolitische Bedeutung der Selbsthilfe Infrastruktureinrichtungen als verlässliche Ansprechstellen für die Menschen vor Ort und Unterstützung des freiwilligen Engagements im Sozial- und Gesundheitswesen.
Um den nach der Pandemie andauernden Gründungsboom von Selbsthilfegruppen bei Ängsten Depressionen und vielen weiteren Themen fachlich und qualifiziert aufnehmen zu können, benötigen Selbsthilfekontaktstellen allerdings dringend eine bedarfsgerechte und verlässliche Finanzierung. Vorhandene Ressourcen müssen ausgebaut und Planungssicherheit gegeben sein.
"Leistungskürzungen gerade bei Kommunen und Ländern gefährden die Existenz von Selbsthilfekontaktstellen. Krankenkassen alleine können Kostensteigerungen nicht auffangen", so Jutta Hundertmark Mayser, Geschäftsführerin der NAKOS, die zu der Tagung eingeladen hatte. Die Selbsthilfe wird nicht umsonst immer wieder als vierte Säule des Gesundheitswesens bezeichnet. Aber das passiert nicht von selbst. Selbsthilfekontaktstellen tragen erheblich zu einer lebendigen Selbsthilfelandschaft in Deutschland bei. Als unterstützende Einrichtungen sind sie unverzichtbar.
Positionspapier der Landesvertretungen der Selbsthilfekontaktstellen, vom 18. bis 19. September (zum Positionspapier)
Berlin, 28.9.2023
Ansprechpartnerinnen:
Dörte von Kittlitz Niedersachsen: info@selbsthilfe-buero.de
Jutta Hundertmark-Mayser: selbsthilfe@nakos.de
Die NAKOS und das Selbsthilfe-Büro Niedersachsen sind beide Einrichtungen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V., dem Fachverband der Selbsthilfeunterstützung in Deutschland.